WDR2 Stichtag
(Sendung vom 18.12.2005 (s.u.))


... die wichtigsten Deutschen gesucht und da ist ein Mann auf Platz 15 gelandet, den vorher kaum jemand kannte: Konrad Zuse; der hat keinen Bestseller geschrieben, keine Symphonien komponiert, Konrad Zuse war Bauingenieur und Unternehmer und Konrad Zuse hat den Computer erfunden. Heute vor 10 Jahren ist Zuse gestorben.
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"Wir sind der Meinung, dass Zuse in Deutschland endlich die Anerkennung finden muss, die er in anderen Länder als Nationalhero längst hätte. Er hat dafür gesorgt, dass Deutschland die Geburtsstätte des Computers wurde."
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Das sagt Bernhard Tillmann vom Verein Zusepark, der gern in der Methfesselstraße in Berlin-Kreuzberg ein Museum errichten würde, an dem Ort, wo Zuse im Wohnzimmer seiner Eltern die ersten Computer gebaut hat, in Heimarbeit aus Blechteilen, Kurbeln, Glasplatten und Fernsprechrelais.
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"Ein Museum, das der Person und der Lebensleistung von Konrad Zuse gewidmet ist."
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1985 fragt er Konrad Zuse, ob er auf der Gründungsveranstaltung eines Dortmunder Softwarehauses einen Vortrag halten wolle. Zuse sagt zu und von da an bilden Zuse und Tillmann ein Team. Der Dortmunder wird Zuses persönlicher Referent und Manager. Zuse lebt damals zurückgezogen im nordhessischen Hünfeld. Tillmann bringt ihn in die Medien.
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"Dann sind wir quasi von allen Fernsehanstalten, die es gab, eingeladen worden. Wir waren bei Harald Schmidt, bei Gottschalk in der Late-Night-Show."
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Der hoch gewachsene Mann mit den streng zurückgekämmten schlohweißen Haaren und einer charakteristischen Hornbrille ist nicht gerade ein Showtalent, aber Zuse ist authentisch, beispielsweise wenn er von der Technikeuphorie Anfang der 1930er Jahre berichtet.
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"Damals war nicht nur ich selbst, sondern auch andere Jugendliche irgendwie in einer Euphorie der fortschreitenden Technik. Wir betrachteten es als Fortschritt, wenn ein Flugzeug wieder mal schneller flog, wenn es mehr Autos gab; all das begeisterte uns bis zu einem gewissen Grade, und wir sahen darin durchaus ein positives Moment."
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In den Jahren der Naziherrschaft erdenkt und konstruiert der junge Bauingenieur Zuse die ersten funktionstüchtigen modernen Rechenmaschinen, er nennt sie Z1 bis Z4. Von ihm stammt die Idee, Rechner nicht nach dem Dezimalsystem mit den Ziffern von 0 bis 9 rechnen zu lassen, sondern mit dem Binärsystem, nur mit Nullen und Einsen, An- und Aus-Zuständen. Dabei helfen ihm Fernsprechrelais, mit denen er ab der Z2 seine Rechner baut.
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"Mut und Leichtsinn liegen dicht nebeneinander, und es war auch ein gutes Stück Leichtsinn; nicht alle haben daran geglaubt und haben gesagt 'Der ist verrückt!'. "
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Konrad Zuse erfindet auch die erste Programmiersprache der Welt, den 'Plankalkül'.
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"Der hat ja nicht nur den Computer erfunden, sondern der hat auch 1944 schon den ersten Prozessrechner der Welt gebaut, der hat 1950 den Pipelinerechner erfunden, der hat 1956 das Patent auf den ersten Massivparallelrechner bekommen und er hat in seinem ersten Rechner schon nur mit Null und Eins intern gearbeitet. Auch die heutigen so genannten Supercomputer vereinigen die Prinzipien von Zuse."
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In den 1950er Jahren gründet er in Hessen die Zuse KG, die erste Computerfirma der Welt, die zu ihren besten Zeiten 1200 Mitarbeiter hat. Fachpersonal gibt es kaum, so dass man anerkennend spottet: ‚Ob Schneider oder ob Friseur, bei Zuse werden's alle Ingenieur!'. Reich geworden ist Zuse mit seiner Erfindung nicht. Mitte 1967, nach einem 26jährigen Verfahren beim Patentgericht, wird seine Anmeldung eines Patents auf den Computer nicht anerkannt, 'wegen der fehlenden Erfindungshöhe', wie es heißt.
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"Zuse konnte unglaublich gut mit den Widrigkeiten des Lebens umgehen. Wenn etwas nicht so klappte, wie er sich das vorstellte, dann hat er sich das logisch erklärt und dann war das abgehakt."
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Als Konrad Zuse heute vor 10 Jahren an seinem dritten Herzinfarkt verstirbt, geht für Bernhard Tillmann eine spannende Zeit zu Ende.
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"Die zehn Jahre mit Zuse waren einfach fantastisch. Einen Gesprächspartner zu haben, der auch die verrücktesten Ideen im Ansatz sofort versteht, ist das Paradies."
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Tillmann hält heute Vorträge über Zuses Leben und Werk, denn noch immer ist die Leistung dieses deutschen Technikgenies, seiner Meinung nach, nicht genug bekannt.
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"Er war bis an sein Lebensende immer voll mit Dingen beschäftigt, die er noch für hochinteressant hielt; geistig war er bis zum letzten Augenblick dabei."



18. Dezember 1995: Todestag des Ingenieurs und Computerpioniers Konrad Zuse

Konrad Zuses Autobiographie trägt den Titel "Der Computer - mein Lebenswerk". Der Erfinder, Wissenschaftler und Konstrukteur trug entscheidend zur Entwicklung des modernen Computers bei. 1938 baute er in der elterlichen Berliner Wohnung die erste programmgesteuerte Rechenmaschine, die "Z 1". Ein Nachbau steht heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin. Seine "Z 3" von 1941 gilt als Prototyp des modernen Computers; seine Programmiersprache "Plankalkül" von 1945 war die erste Programmiersprache der Welt. Um die Patentierung seiner Erfindungen musste er jedoch Prozesse führen.

Als Chef der Zuse KG hatte er in den Sechzigerjahren auch wirtschaftlichen Erfolg, aber sein Herz hing an der Grundlagenforschung. Sein Unternehmen ging später in der Siemens AG auf. Im Alter betätigte sich Konrad Zuse u. a. als Maler und entwickelte einen Leichtbau-Windgenerator.

Autor: Walter Liedtke